Hochsensibilität aus eigener Erfahrung

Was wir nicht vergessen dürfen ist, dass wir alle fühlende Wesen sind. Die einen mehr, die anderen weniger. Hochsensibel zu sein bedeutet nicht, besser oder schlechter zu sein als andere. Hochsensible und/oder hochempathische Menschen nehmen einfach nur mehr wahr als Normalsensible, sowohl im Inneren, auf der Gefühlsebene, als auch im Außen, im alltäglichen Leben. Ich habe in meiner Vergangenheit oft gedacht, warum muss ich immer so viel fühlen…

Das ist die Bürde, die man als hochsensibler Mensch trägt. Es ist die stark ausgeprägte Wahrnehmung, die dazu führt, ob man das Leben als wundervoll und erfüllend empfinden kann oder als regelrechten Kampf zwischen den Reizen und Gefühlen, im Innen und Außen. Hochsensible sind in der Lage sehr hohe Frequenzen von Freude und Liebe intensiver zu empfinden, jedoch genauso tiefe Frequenzen von Trauer, Wut und Hoffnungslosigkeit. Es ist eine Gabe und gleichzeitig eine hohe Verantwortung mit all den starken Ausprägungen verständnisvoll und in voller Anerkennung mit sich selbst umzugehen.

Die Menschen, die zu mir kommen, haben in der Regel einen schlechten Zugang zu ihren Gefühlen. Sie wissen meistens gar nicht, warum sie so ein Durcheinander ihrer Gefühlswelt erleben. Das liegt daran, dass sie zu stark im Außen agieren und ihre eigenen Gefühle immer weggeschoben haben. Man könnte auch sagen, sie sind von sich weggegangen, ja sie haben sich verlassen. Das kann sich sehr schmerzhaft anfühlen. 

Sie sagen Sätze wie: ich habe mich ans Außen verloren, an den Partner, die Beziehung oder den Job. Das kommt daher, weil sie die Bedürfnisse der anderen spüren können, und sie im ständigen Kampf mit sich selbst sind, allem und jedem gerecht werden zu müssen. Diese ständig unterdrückten (Schuld-)Gefühle können zu Erstarrungs- oder Lähmungsanzeichen führen. Man funktioniert einfach nur noch und hat überhaupt gar keinen Zugang mehr zu sich selbst.

Diese schwere Decke legt sich über den eigenen Willen. Sie heißt Zweifel und Angst und unterdrückt unter sich alles, was nach Veränderung schreit. Unterschiedlichste Gefühle können unter diesem Druck wie ein Durcheinander eskalieren. Deshalb tendieren Hochsensible auch zu erhöhtem Konsumverhalten, eben um nichts mehr spüren zu wollen. Dazu kommt die Reizüberflutung im Außen, denn die Feinfühligkeit in Bezug auf äußere Reize ist viel stärker ausgeprägt als bei Normalsensiblen. Deshalb ist es so wichtig die Gefühle im Inneren zu befreien, um im Außen wieder frei leben zu können.

Um den Stress im Außen zu vermeiden isolieren sich Hochsensible auch häufig, um die überfordernde und unangenehme Enge nicht fühlen zu müssen, die z. B. beim Einkaufen oder in zu engen und überfüllten Räumen entsteht. Diese Isolation ist wie eine Spirale, anfänglich ist es noch nicht so verhängnisvoll auf einige Dinge zu verzichten. Wenn aber die Kreise enger werden und man aus Angst kaum noch vor die Tür geht, ist das schon ein großer Verlust für sich selbst.

Gefühle des Verlustes gehen einher mit starken Zweifeln an sich selbst: ich bin nicht gut genug, nicht stark genug, ja auch nicht schön genug, für etwas oder jemanden einfach nicht ausreichend. Das kann je nach Prägung, gemeint ist die Erfahrungen aus der Kindheit oder generell der Vergangenheit und die damit verbundenen Glaubenssätze, zu starken (Verlust-)Ängsten führen.

Das kenne ich alles so gut, weil ich diese Zweifel selbst hatte. Ich kann alle genannten Sätze und Vermeidungsstrategien nachvollziehen, denn ich habe das Leid, das daraus resultiert, selbst erfahren. Ich weiß, was es bedeutet durch seine Hochsensibilität blockiert zu sein. Ich weiß, wie es sich anfühlt mit angezogener Handbremse zu leben. Und ich weiß, was es für eine Befreiung ist, wieder Zugriff auf sein Potenzial zu haben – das ist unbezahlbar.

Als ich mich zurück hatte, konnte ich endlich den Weg einschlagen, für den mein Herz schlägt. Als Angst nicht mehr ständig mein Begleiter war, fing ich endlich an zu leben. Ich fühle mich heute frei und habe keine Angst mehr mich zu zeigen.

Es ist mir daher eine große Freude Dich auf Deinem Weg in die Befreiung begleiten zu dürfen.

Hochsensibilität - Wiese

Der feine Unterschied zwischen Hochsensibilität und Hochempathie

Es wird davon ausgegangen, dass Hochsensibilität eine angeborene Eigenschaft ist, die 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung betrifft. Ich persönlich glaube, dass es Menschen gibt, die nicht von Kleinkind an hochsensibel sind sondern ihre sensible Wahrnehmung nach schwierig zu bewältigenden Lebensphasen erhalten haben. Man könnte auch sagen, dass sie nach einem Trauma hochsensibel wurden.

Bei der Hochempathie vermute ich, dass es tatsächlich eine angeborene Fähigkeit ist. Ich beziehe mich dabei auf meine eigenen Erfahrungen, denn ich bin seit Geburt an ein hochempathischer Mensch. Hochsensibilität kam bei mir erst später dazu. Hochsensible Menschen nehmen Reize aus ihrer Umwelt intensiver wahr als andere Menschen. Sie sind oft sehr kreativ, einfühlsam und gewissenhaft, jedoch auch schnell überreizt und gestresst.

Hochempathie ist noch nicht sehr erforscht. Hochempathische Menschen fühlen nicht nur mit anderen mit, sondern nehmen deren Gefühle, Gedanken und Energien wie ihre eigenen wahr. Sie sind sehr intuitiv, mitfühlend und wirken erfahren, aber auch oft überfordert und verletzlich.

Der feine Unterschied zwischen hochsensibel und hochempathisch zu sein liegt also darin, dass hochempathische Menschen die verstärkte Fähigkeit haben, sich in andere hineinzuversetzen und deren emotionale und seelische Prozesse mitzufühlen. Hochsensible Menschen sind zwar auch empathisch, aber nicht im selben Ausmaß wie Hochempathen. Zudem fühlen sie sich oft von äußeren Reizen gestört.

Meinem Verständnis nach ist es so, dass es mehr Menschen gibt, die hochemphatisch sind und im späteren Leben dazu noch hochsensibel geworden sind als anders herum. Aber das ist eine ganz persönliche Beobachtung von mir.

Wesenstypen

Was ich noch beobachtet habe ist, dass es Unterschiede in der Ausprägung der Hochsensibilität gibt. Zum einen, wie schon erwähnt, in Intensität der Empathie und Sensibilität und zum anderen im Wesen der Person.

Das ist bei der Wahrnehmung erlebter Situationen von großer Bedeutung. Ich bin zum Beispiel ein visueller, kinästhetischer Typ, das bedeutet, bei mir geht das Fühlen voraus. Ich nehme sehr viel über Bilder und die Gefühlslage zu diesen Bildern wahr. Bei mir sind Erlebnisse visuell abgespeichert, zusammen mit dem Gefühl, das sich damit in diesem Moment verbunden hat. Andere Wesenstypen reagieren eher stärker über andere Sinne (z. B. Gerüche, Gehör). Du kannst Deinen Wesenstyp zum Beispiel hier bestimmen.

Bei mir geht also das Fühlen voraus, zum einen durch meinen Wesenstyp und zum anderen verstärkt durch meine Hochsensibilität und Hochempathie. Ich bin in der Lage, einen Menschen oder eine Situation zu fühlen, bevor ich den jeweiligen Kontext mit dem Verstand erfasst habe. Aus diesem Grund kann ich von Bildern überwältigender Natur so ergriffen sein, dass ich tiefe innerliche Glückseligkeit empfinde.

Das tiefe Gefühl der Verbundenheit mit der Natur und mit allem was ist zu spüren, ist eine Gabe der Hochsensibilität. Es als Gabe zu verstehen und dieses Geschenk zu leben ist das Ziel!

Raute